Montag, 6. Oktober 2014

Lucky Streik - Zum Streik der Lokführer

Es ist mal wieder soweit - die Lokführer wollen streiken ? Alle Lokführer ? Nein, denn in der Eisenbahn-Branche konkurrieren zwei Gewerkschaften, die sich leider alles andere als grün sind. Da ist zum einen die DGB-Gewerkschaft EVG (EisenbahnerVerkehrsGewerkschaft) und zum anderen die unabhängige GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer). Jetzt könnte man den Sprechern der Bahn glauben schenken, dieses wäre ihnen unangenehm und peinlich. Natürlich ist es schwieriger mit zwei als mit einer Gewerkschaft zu verhandeln. Aber auf der anderen Seite hat man eine gespaltene Gegenseite und so kann man im Detail (und ganz regional) auch schon mal die eine Gewerkschaft gegen die Andere ausspielen.

Der DGB (als Dachverband der Gewerkschaften der Meinung, nur er dürfte Mitarbeiter vertreten) und mit ihm die EVG sieht sich da ganz in der Tradition altsozialistischer Einheitsgewerkschaften und lässt keine Möglichkeit ungenutzt der GDL an Bein zu pissen. Die GDL hingegen nutzt ihre Stellung als Spartengewerkschaft wiederum aus und fordert für ihre in Schlüsselpositionen arbeitenden Mitarbeiter besondere Vorteile. Die Medien prügeln je nach politischer Verortung auf die eine oder andere Gewerkschaft ein und die Deutsche Bahn AG tut ein übriges den Streit durch schleppende Verhandlungen noch anzufeuern.

Früher waren die Lokführer Beamte der mittleren Laufbahn .Sie bekamen ein Gehalt in den Besoldungsgruppen A7 bis A9z. Im Alter gab es recht ordentliche Pensionen und im Krankheitsfalle Gehaltsfortzahlung bis zur Gesundung. Dann kam die Privatisierung (hurra, hurra, hurra - jetzt wird alles billiger !) - und aus den Beamten wurden normale Angestellte und Arbeiter. Nix mehr mit den üppigen Pensionen, die nur den armen Steuerzahler belasten und mit dem typischen Schledrian, den Otto Normalverbraucher schon immer bei den Beamten vermutete. Jetzt ging es richtig vorwärts. Wurde früher eine Bahndirektion von einem Leitenden Direktor (Besoldungsgruppe A16 - etwa 6.500 € im Monat) geleitet, kam jetzt ein District-Manager mit 250.000 € Jahresgehalt zum Zuge (ist billiger oder nicht ???) Und endlich, ja endlich konnte man dem faulen Lokführer in den Hintern treten. Allerdings hat man übersehen, daß Beamte zwar gute soziale Abfederungen besitzen, allerdings nicht das Streikrecht. Das hatten die Lokführer nun. Aber keine Sorge dachte sich die Bahn. Der DGB, der satt und bequem (und hoch dotiert)  mit im Aufsichtsrat sitzt und seine altgedienten Gewerkschafter auch auf den einen oder anderen Managerposten hieven durfte, würde schon dafür Sorge tragen, daß nicht zu oft seine Gewerkschaft dem Arbeitgeber in die Suppe spucken wird. Das sich dann doch tatsächlich gegen alle Widerstände die GDL als führende Gewerkschaft bei den Lokführern durchsetzt - wer konnte das denn ahnen ?

Verständlich, daß die EVG die GDL nicht mag. Nicht mögen darf. Sie behindert ja mit ihrer Politik die DGB-Gewerkschaft daran, sich über viele Dinge auf Augenhöhe (und im Hinterzimmer) alleine mit dem Arbeitgeber zu einigen. Das dieses Verhalten in fast allen anderen Branchen bereits die Gewerkschaft vor die Wand (oder in Aus) gefahren hat, wird einfach mal nicht zur Kenntnis genommen und munter weitergewurstelt.

Versicherungsvertreter verkaufen Versicherungen. Staubsaugervertreter verkaufen Staubsauger. Arbeitnehmervertreter verkaufen......  Nicht umsonst existiert dieser Satz aus der Zeit als der DGB das Alleinvertretungrecht aller Arbeitnehmer für sich in Anspruch nahm.

Nun fordert die GDL ganz massive Verbesserungen der Löhne und Arbeitszeiten. Dieses fordert sie für alle Lokführer. Der früher vom DGB mal eingebrachte Vorschlag, von der Gewerkschaft erkämpfte Verbesserungen auch nur Gewerkschaftsmitgliedern zukommen zu lassen, ist jetzt plötzlich (da sie ja nun Konkurrenz hat) verstummt wie ein Schrei in der Wüste. Wer selber mit dem Arbeitgeber kungelt, seine Leute bei Beförderungen nach vorne zu schieben sucht und mit im Aufsichtsrat sitzt hat eben nicht mehr so den inneren Wunsch wirklich etwas gegen "die da oben" zu tun. Und wer keine Zähne mehr zum Beißen hat, sollte tunlichst auch nicht knurren.

Nun wollen sie wieder streiken und die Medien sehen schon den Verbraucher in "Geiselhaft" eines nimmersatten Dämonen namens GDL. Das dieses Gewerkschaft streitlustig und streiklustig ist (ja manchmal auch sein muß), will ich nicht abstreiten. Aber das ist auch Sinn einer Gewerkschaft. Eine Gewerkschaft ist auch eine "Kampforganisation der Arbeiterklasse" (um mal in den Jargon der frühen Jahre zu verfallen) und kein Altherrenclub.

5 % mehr Lohn und zwei Stunden weniger in der Woche - das ist nicht unangemessen angesichts der Anforderungen, die der Beruf des Lokführers und des Zugbegleiters stellt. Es ist weniger, als die Bahn ihren Managern als Gewinn-Zulage auf ihre Gehälter zubilligt. Es liegt am Arbeitgeber diesen Streik zu verhindern - nicht an der Gewerkschaft alleine. Das die GDL hier in einer Sandwich-Position zwischen Arbeitgeber und Konkurrenzgewerkschaft steht und trotzdem nicht einknickt, zeigt, das der Kampf-Geist der frühen Gewerkschaften noch nicht ganz verschwunden ist. In anderen europäischen Ländern (auf die wir ja so gerne schielen) würde ein Streik viel massiver und radikaler ausfallen. In Frankreich würde garnichts mehr laufen (da sich andere Gewerkschaften aus Solidarität anschließen) und in Italien würden die leitenden Angestellten verprügelt. Der deutschen Bahnkunde - erfahren im destruktiven Nörgeln - sieht sich natürlich schon im Vorfeld als Opfer. Die Medien (mit DGB-Schützenhilfe) suchen schon die Oma, die auf dem Bahnsteig umgefallen will (am besten vor laufender Kamera). Den EVG-Mitgliedern, die Unverständnis für den Streik ihrer Kollegen an den Tag legen sei gesagt : Ihr könnt auf die Lohnerhöhung verzichten und die 5 % gerne für einen guten Zweck spenden !
Ich wünsche den Lokführern und Zugbegleitern jedenfalls, daß sie mit ihrer Forderung Erfolg haben. Lucky Streik - Fröhliche Arbeitsniederlegung !


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